Es spiegelt sich in der Luft
In Millionen Partikeln aus flüssigem Staub
Dein Bild, so klar wie die Trübsal der Nacht
Zu deinen Füssen die Erde erwacht
Im Verderben auferstanden
Durch Durst und Dürre gestärkt
Im Traume einst durch Hoffnung erdacht
In deinen Händen das Wasser erwacht
In der Süsse des Leidens
Versteckt in dichten Wäldern aus Licht
Gesang erschallt aus dem tiefsten Schacht
In deiner Seele sind die Winde erwacht
Lähmung und Fäulnis, Stillstand und Zerfall
Süsse Vergänglichkeit, wie zynisch du scheinst
Aus Eis gefertigt zu einem Brand entfacht
In deinen Augen ist das Feuer erwacht
Die Sonne kitzelte unsere müden Augenlider als wir erwartungsfroh das Hotel in der Agglomeration von Bordeaux verliessen. Ein Hauch des nahenden südeuropäischen Sommers lag in der milden Luft, als wir frühmorgens die Autotüren öffneten. Doch in diesem Moment begrüsste uns ein Duft der ganz anderen Art, der aus allen Spalten und Ritzen unseres Fahrzeugs zu kriechen schien. Als die Eindrücke der Geruchsorgane noch im Gehirn verarbeitet wurden liess uns der Sehnerv bereits eine neue Information zukommen: Wir erkannten und interpretierten, dass es unseren Katzen Bibi und Denoy anscheinend im hinteren Teil des Wagens zu wenig Platz hatte und sie es daher bevorzugten, wieder einmal auf und unter den Vordersitzen Platz zu nehmen, wo wir sie nun friedlich schlummernd vorfanden. Im Schutze der Nacht und mit Engelsgeduld muss es den zweien irgendwie gelungen sein, das zur Hochsicherheitssperre aufgepimpte Katzennetz zu überwinden. Doch jetzt, in Koordination mit der arg penetrierten Nase, fanden unsere Augen sogleich auch die Quelle des üblen Geruchs: ein ca. 500 Gramm schweres, braunes, wurstförmiges Monument des Protests gegenüber dieser – nach Meinung unserer felligen Lieblinge – unsäglichen Freiheitsberaubung.
Derweil sich Corina und Philippe diskret in den Schutz ihres Busses zurückzogen um sich irgendwelchen Fahrtvorbereitungen zu widmen, gelang es Manuel das riesige Stück materialisierten Katzenärgers aus dem Auto zu kratzen und zu entsorgen. Danach wurden die Ausgebüxten ohne gross Widerstand zu leisten wieder hinten verstaut – ihre Mission war offensichtlich erfolgreich ausgeführt worden. Wir konnten die Fahrt in Richtung Süden in unserer rollenden Katzentoilette endlich aufnehmen; unsere beiden geduldigen Retter komplettierten die kleine Karavane, die sich nun allmählich der spanischen Grenze näherte.
Ohne Probleme passierten wir den Zoll und in den grünen Hügeln der baskischen Pyrenäenausläufer genehmigten wir uns dann auch endlich den verdienten Morgenkaffee und ein kleines Frühstück, welches für spanische Verhältnisse dann aber schockierend teuer war. Bald nach der steil ansteigenden Weiterfahrt führte uns die Strasse hinab in die grosse Hochebene der iberischen Halbinsel. Fast pfeifengerade in südwestlicher Richtung sollte sie uns bis nach Portugal führen. Noch immer geplagt vom langen Arm des Winters, der uns in der Schweiz auch Ende Mai noch immer nicht aus seinen frostigen Klauen loslassen wollte, sehnten wir uns nach den Freuden des Sommers auf unserer Quinta das Figueiras, wenngleich sich der spanische Himmel noch lange Zeit bedeckt hielt und uns erst nach Burgos einen ersten Blick auf die Sonne gewährte. Nach und nach öffnete sich die Wolkendecke und liess immer mehr Licht und Wärme durch, bis sich ab Valladolid solch hohe Temperaturen ausbreiteten, dass es sogar unseren Vierbeinern zu heiss zum Kravall machen wurde.
Entspannt ging es weiter durch Salamanca, wo dann endlich jeweils „Portugal“ auf den Strassenschildern angeschrieben ist. Und da somit das Ziel immer näher rückte und sich die Reisenden mit Gedanken an die Ankunft zu befassen begannen, erledigten wir vor dem Übertritt über die Grenze auch gleich noch rasch den Einkauf für das Abendessen. Dann war für Corina und Philippe der Moment gekommen, wo sie zum ersten Mal lusitanischen Boden unter ihren Füssen spüren durften. Noch wenige Kilometer Fahrt durch die atemberaubende Landschaft Zentralportugals standen zwischen uns und den erhofften Freuden der Heimkehr. Mit zunehmender Trockenheit zu Seiten der Strasse erhärtete sich aber auch eine schwerbelastende Vorahnung, die sich wie ein Klecks schwarzer Farbe in unsere Wahrnehmung des goldenen Lichts der sinkenden Sonne mischte…
Fredi und Cristina, Manuels hilfsbereite Eltern, waren am Morgen dieses bedeutungsschwangeren Tages ebenfalls mit dem gleichen Ziel wie wir losgefahren. Der treue weisse Bus mit einem grossen Teil unseres Hab und Guts hatte die zwei bereits von Arbon bis ins Herz Frankreichs getragen. Sie bekamen nicht mit, welch aufwühlende Momente wir zur selben Zeit bei unserer Ankunft auf der Quinta das Figueiras durchlebten.
Davon berichten wir euch im nächsten Teil des Berichts über unsere abenteuerliche Reise in ein neues Leben. Bis dahin wünschen wir euch eine gute Zeit – uma boa semana!