Kaum hat sich die Sonne hinter den Pinienhainen hervor gewagt, beweist sie uns wieder ihre Stärke und Kraft. Ein Blick auf Uhr und Thermometer verrät, dass es um neun Uhr bereits dreissig Grad sind; eine Hitze, die uns bereits Stunden zuvor aus den verschwitzten Bettlaken getrieben hatte. In die morgendliche Schläfrigkeit mischt sich ein Hauch von Ungläubigkeit als das Auge auf das Datum im Kalender fällt – doch es stimmt: es ist Anfang Oktober.

Auch wenn der Winkel der Sonneneinstrahlung und das bunte Lichtspiel in den bereits verfärbten Laubbäumen von einem langersehnten Herbst künden, ist es eigentlich noch immer Sommer. Denn auch in den nun merklich kürzer werdenden Tagen ist seit Ende August kein Regen gefallen. Die Natur scheint auf Zweckoptimismus zu machen, möchte man meinen. Etwas ironisch denken wir daran, dass uns andere Menschen in anderen Ländern und zu anderen Zeiten um die gegenwärtige Wetterlage beneidet hätten.

 

Höhen und Tiefen

Der Kalender darf ausserdem dahin gehend interpretiert werden, dass sich das Jahr langsam seinem Ende zuneigt. Für uns war es das bisher härteste Jahr – schon der Winter war ausserordentlich kalt und gleichzeitig trocken – und der nicht enden wollende Sommer mit seiner Hitze, der Trockenheit und den furchtbaren Waldbränden hat uns an die Grenzen der körperlichen und seelischen Belastbarkeit geführt. Das ist auch der Grund, weshalb es so still geworden ist um die Quinta das Figueiras.

Rio Tedo kurz vor seiner Vereinigung mit dem Douro

Doch wir haben wieder Kraft gesammelt und das Schlimmste ist überstanden. Wie genau wir aus diesem Loch gefunden haben und was für wunderbare Höhen, die durch die vorangegangenen Tiefen noch viel intensiver waren, wir erlebt haben in den kürzlich vergangenen Wochen, davon möchten wir euch heute berichten. Endlich ist es an der Zeit zu feiern, was die Welt mit all ihrem Licht und ihren Schatten doch für ein wunderbarer Ort ist!

Der kurze Regen Ende August hatte vielleicht keine nachhaltigen Argumente der Trockenheit entgegen zu setzten, doch immerhin erhellte er einerseits unsere Gemüter für einem Moment und andererseits bescherte er uns eine kleine Abkühlung, die ein paar Tage anhalten sollte. Beides befähigte uns zur Entscheidung, dass wir – jetzt oder nie – endlich wieder einen Ausflug mit Übernachtung machen würden. Wohin nur in diesen frühen Septembertagen, lautete die Frage, die infolge der seltenen Gelegenheit ausgiebig geklärt werden sollte.

 

Die Versuchung durch Bacchus’

Quinta do Vesuvio – Heimat des Bacchus

Erheiternde Bilder von Trauben stampfenden Menschen mit lachenden Gesichtern und die Verlockung von hervorragenden Weinen zogen uns schlussendlich mit unwiderstehlicher Kraft in ein Gebiet, welches wir schon lange auf unserer Wunschliste hatten: Das Douro-Tal, seines Zeichens die älteste Weinbauregion der Welt mit geschützter Herkunftsbezeichnung (Alto Douro) und UNESCO-Weltkulturerbe. Eine Genuss-Reise wollten wir uns gönnen und dafür schien es keinen besseren Ort zu geben als den von uns erwählten.

Die Fahrt über kleine Nebenstrassen und hügeliges Gelände war ein Traum und irgendwann begannen die Mandelplantagen der Hochebenen von satten Weinreben mehr und mehr abgelöst zu werden. Eine innere Aufregung machte sich breit, die Verheissung des märchenhaften Flusses wurde immer greifbarer und bald erblickten wir zwischen den jetzt praktisch ausschliesslich mit Reben beschmückten Hügeln einen Silberstreifen, der sich beim Näherkommen nun ohne Umschweife als der mächtige Rio Douro offenbarte.

Magische Momente am Rio Douro

Wahrlich – es muss die Stimme von Bacchus, dem antiken Gott des Weines gewesen sein, welche uns sanft aber bestimmt immer näher an den Fluss führte. Den verführerischen Versen, die er uns zwischen den heiter im Wind raschelnden Rebstöcken zuflüsterte sind wir nur zu gern erlegen und obschon wir uns an der Landschaft, den Dörfern und den Menschen kaum satt sehen konnten, hielt uns seine Hand sicher auf der kurvigen Strasse.

 

Ein Herrenhaus mitten im Paradies

So alterwürdig wie der Ort, wo er parkiert: unser Renault 4L

Wie in einem Traum wurden wir von unserem gelben Kütschlein durch ein grünes Paradies chauffiert, während unsere Augen zu tränen begannen, mag es sein weil sie sich nur noch braune, trockene Landschaft gewohnt waren oder auch, weil die Emotionen zu viel waren um sie in sich zu behalten. Hinter jeder Biegung wurde die Welt noch schöner und eindrucksvoller und immer wieder liessen wir ein Stücklein unserer Last auf einer in hartes Schiefergestein gehauenen Weinterrasse zurück. Schliesslich gelangten wir an das Ziel unserer Reise, wo das Märchen um ein weiteres Kapitel erweitert werden sollte…

Casa dos Varais – die Geburtsstätte des Portweins

Unsere Unterkunft am gegenüberliegenden Douro-Ufer von Peso da Regua strahlt wie ein rosa Juwel in den satten Rebhängen entlang des Wasserlaufs. Das „Casa dos Varais“ ist ein stattliches Herrenhaus mit einer grossartigen Geschichte, die einem des Nachts von den Wänden zugeflüstert wird. Es ist aber auch ein Ort des Herzens, wo wir von den Hausherren als Gäste empfangen und als Freunde wieder verabschiedet wurden. Nur schwer wollten wir uns nach einer kurzen aber emotionalen Zeit wieder von den alten Mauern, dem vor Leben strotzenden Weinberg und den herzlichen Menschen trennen.

Altstadt von Lamego

Mit überbordenden Gefühlen, nie gekannten Sehnsüchten und neuen Freundschaften im Gepäck machten wir uns auf den indirekten Rückweg, der uns über die Stadt Lamego führte. Auch dieser Ort wollte uns nicht mehr gehen lassen, doch erfüllt von all dieser Schönheit freuten wir uns dann, als wir endlich von Guarda aus südwärts fuhren, auch wieder auf unser Zuhause. Mit viel neuer Kraft und Leidenschaft machten wir uns denn auch in den folgenden Tagen an die Arbeit. Schliesslich sollten wir in Kürze Besuch erhalten!

 

Bilder der Freude

Selbstporträt ohne moderne Hilfsmittel

Richtig, diese Geschichte ist noch lange nicht zu Ende und es geht mit viel Spannung weiter. Doch um die Leserschaft nicht zu ermüden, wollen wir an dieser Stelle unsere Erzählung unterbrechen; sie zurücklassen mit dem Versprechen, den zweiten Teil von dreien binnen einer Woche zu präsentieren. Jetzt aber lassen wir die Bilder sprechen, die besser als viele Worte unsere wunderbaren Erlebnisse schildern können. Möge es denn auch die Sehnsucht in dem einen oder anderen Herz wecken. Até logo!

 

Nicht unser Wägeli! :-)

4 Kommentare

  1. Monica Change meint: 8. Oktober 2017
  2. Mämeler meint: 8. Oktober 2017

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