Nach Wochen banger Erwartung im feuchtfröhlichen Herbstwetter standen zu Dezemberbeginn endlich wieder mehrere trockene Tage in Folge vor der Tür. Ideal um mit einer der schönsten Arbeiten in unserem Jahreslauf zu beginnen: Die Olivenernte und anschliessende Pressung des herrlichen Öls. Die Ausgangslage war verheissungsvoll, denn die Bäume trugen reich und die Früchte hatten den Regen gut überstanden. Prall und glänzend prangten sie an den Zweigen und warteten nur darauf, von liebevoller Hand geerntet zu werden. Durch die unterschiedlichen Reifezustände leuchteten sie in satten Farben von Grün über Rot und Violett bis hin zu tiefem Schwarz. Das sichtbare Farbspektrum der Oliven begleitete perfekt das emotionale Farbspektakel, welches während dieser sechs Tage auch unser Innenleben bestimmte.

 

Grün ist die Hoffnung

Als sich die Meteorologen endlich einig waren, dass ab Anfang Dezember trockenes Wetter vorherrschen sollte (wir konsultierten mehrmals täglich vier verschiedene Wetterberichte), war unsere Euphorie kaum noch zu zügeln. Der Zeitpunkt schien perfekt und die Oliven waren wunderbar in diesem Jahr. Grund genug also für grenzenlose Zuversicht. Aber für die ganzen Vorbereitungen stand uns nur ein einziger Tag zur Verfügung. Es musste vieles organisiert werden: Netze, Werkzeuge und Sammelkisten bereit stellen, die Abfolge der Ernte an den verschiedenen Bäumen festlegen, einen Termin in der Olivenpresse abmachen und das Transportfahrzeug von unserem Mechaniker ausleihen. Mit so viel Freude im Herzen war unser Part rasch erledigt; dass es mit dem Termin am 6. Dezember und dem zeitgerechten Abholen des Autos auch klappen würde, dessen waren wir uns aufgrund früherer Erfahrungen nicht ganz sicher. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt!

 

Der Besuch der roten Tante

Bei herrlichem Sonnenschein und milden Temperaturen ging es am frühen Morgen des 1. Dezembers los mit der Olivenernte 2018. Schnell hatten wir unseren Rhythmus gefunden und genossen die Arbeit in vollen Zügen. Wie immer verwendeten wir keine Maschinen, sondern strichen die Früchte mit blossen Händen von den Zweigen – mal direkt vom Baum und mal von Ästen, die wir bereits abschnitten um dem Winterschnitt etwas vorzugreifen. Am Boden wurden die schlechten Oliven aussortiert und noch festgemachte Stiele entfernt. Dieser Aufwand, so sind wir überzeugt, steigert die Qualität des Olivenöls und das ist es uns wert, auch wenn wir so weniger Ertrag erreichen. Es lief super an diesem ersten Tag bis zu Manuels Sturz von der Leiter: Er fiel aus zwei Metern in die Tiefe, ein in höchster Not ergriffener Ast hielt den Erwartungen an Halt und Stabilität nicht Stand und zielgenau landete Manuel mit dem Rücken auf der mittlerweile umgefallenen Leiter. Glücklicherweise kostete ihn die Aktion nur einen Moment den Schnauf und Andrea einige Nerven. Nach dem kurzen Schock waren wir weiterhin nicht zu bremsen. Am Abend allerdings erhielt Andrea nicht unerwartet Besuch von der roten Tante. Diese Tage sind keine leichten und sie schwächten Andrea während den folgenden zwei Tagen erheblich, doch sie biss sich tapfer durch.

 

Grauer Nebel zieht übers Land

Als wäre die der Weiblichkeit geschuldete Schwächung des Körpers nicht schon Dämpfer genug gewesen, erwachten wir am Morgen des zweiten Erntetages in einer dichten Suppe aus feuchtzähem Nebel. Obschon all die schlauen Wetterberichte vorhersagten, dass sich die grauen Schleier am Mittag lichten würden, blieb der Nebel den ganzen Tag hartnäckig in den Bäumen und am Boden kleben. Unsere Kleider waren feucht und die Kälte kroch bis in alle Knochen. Auch unsere Vorgehensweise mussten wir anpassen, indem wir die geernteten Oliven möglichst lange auf dem Netz liegen gelassen haben. So konnten sie wenigstens ein bisschen abtrocknen, denn zu nass wollten wir die Tagesernte keines Falls einlagern, da dies die Gärung begünstigen würde. Der Folgetag war noch immer von Grau dominiert aber immerhin lag die Wolkendecke etwas höher und es war nicht mehr ganz so feucht und kühl. Die Ausbeute aus diesen zwei Tagen war durch die Umstände nicht ganz optimal, doch wir durften uns trotzdem darüber freuen und uns selbst auf die Schultern klopfen.

 

Das Wetter war…

…zum Durchdrehen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Endlos blauer Himmel

Ein Feuerwerk der Farbenpracht kündigte die Rückkehr des Traumwetters für den vierten Erntetag an. Die Sonne erklomm das wolkenlose Firmament und liess es erleuchten in Schwaden aus Lila, Tieforange, Zyan und Magenta, bis sie mit ihrem weissen Licht schliesslich den ganzen Himmel in tiefem Blau erstrahlen liess. Die Schwächungen des Körpers und die Nebligkeit der Seele schmolzen dahin an diesem frühlingshaft anmutenden Tag und wir wollten schon kaum mehr Pausen einlegen, so entfesselt waren wir und mit Leidenschaft in unsere Arbeit vertieft. Es war wie eine Sucht, möglichst viele der herrlichen Früchte einsammeln zu können um daraus unser feines Olivenöl zu gewinnen. Und an jedem weiteren Ast und jedem weiteren Baum waren die Oliven noch zahlreicher und noch prächtiger, so dass es schon gar nicht möglich sein würde, in fünf Tagen alle Bäume abzuernten (länger wollten wir die Ernte auf keinen Fall lagern). Mit entsprechend viel zusätzlichem Olivengewicht im Lager und glücklich geschafften Herzen liessen wir uns dann des Abends in die Bettfedern fallen während wir uns schon auf den kommenden Tag freuten.

 

Wunderschöne Morgendämmerung

Ein prächtiger Tag beginnt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei Gelb über die Ampel

So goldsonnig und himmelblau verlief auch der fünfte und letzte volle Tag der Olivenernte. Aber war da nicht noch etwas von wegen Termin und Transportfahrzeug? Die Ölpresse unseres Vertrauens liegt fast eine Stunde entfernt in der Nähe des Städtchens Sabugal. Diesen Weg wollten wir keines Falls unter die Räder nehmen, ohne nochmals den Termin für den 6. Dezember um 13.00 Uhr bestätigt zu wissen. Bevor wir uns also wieder ganz im Ernten vergessen würden, wählte Andrea die Nummer von Senhor José, dem Chef des Lagars. Allerdings war es ein freundlicher Angestellter, der sich am anderen Ende der Funkverbindung meldete. Und tatsächlich war unser Termin nicht eingetragen – Schocksekunde! Doch glücklicherweise war der von uns gewünschte Zeitrahmen immer noch verfügbar und somit blieb alles wie geplant. Mit dem Transportfahrzeug wurde es noch spannender, da unser Mechanikerfreund Luis den Renault Express von einem anderen Kunden noch immer nicht zurück erhalten hatte. Trotz Stress im Geschäft machte er in letzter Sekunde ein anderes Fahrzeug für uns klar, welches wir am Abend dieses fünften anstrengenden Erntetages noch abholen mussten. Allen Wirren und der Erschöpfung zum Trotz hatten wir es somit gerade noch bei Gelb über die Ampel geschafft! Nun hiess es Schweisstropfen abwischen und nach vorne schauen. Denn am nächsten Tag sollten wir endlich die Früchte unserer Arbeit kosten dürfen.

 

Die Freuden des grünen Goldes

Bis zum letzten Moment hamsterten wir noch Oliven, doch kurz vor Mittag war der Citroen Berlingo beladen und reisefertig. Wie viel Gewicht wir wohl zusammen gebracht hatten? Wir würden es bald erfahren. Zuerst genossen wir die schöne Fahrt, begleitet von einer schier überbordenden Vorfreude auf das Olivenöl. Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk trafen wir am Lagar Catapum ein. Und wie im vorherigen Jahr war der Service perfekt: keine Wartezeit, freundliche Leute und eine saubere, speditive Arbeitsweise. Zuerst durchliefen unsere Oliven die Waschanlage, doch viel gab es nicht zu säubern. Die Waage verriet uns dann den Umfang der Ernte – mit 239kg lag die Ausbeute im Rahmen des Vorjahres (243kg). Nach der Dauer eines ausgiebigen Mittagessens war unser Olivenöl gepresst, gefiltert und abgefüllt. Gute 38 Liter durften wir mit nach Hause nehmen, der Ölgehalt der Früchte lag also deutlich niedriger als im 2017, als über 60 Liter heraus gesprungen waren. Kein Grund zur Enttäuschung, denn diese Unterschiede sind normal und liegen hauptsächlich dem Wetter zugrunde. Glücklich machten wir uns auf den Heimweg, wo ein von Andrea vorbereiteter Brotteig nur noch auf seinen Gang in den Ofen wartete. Bald konnte unser ersehntes Olivenernte-Abschluss-Ritual beginnen: Begleitet von genügend feinem Wein zum Anstossen wurde das neue grüne Gold mit dem frisch gebackenen Brot ausgiebig degustiert – ein wahrer Traum! Zwar muss das Olivenöl noch bis im März gelagert werden, ehe es seine volle Qualität entfaltet, doch schon jetzt vermochte es, uns Tränen von Stolz und Freude in die müden Augen zu zaubern. Es gibt kaum etwas schöneres, als diesen Moment der Belohnung zu zelebrieren und dabei im Geiste die abwechslungsreichen Erntetage nochmals durchleben zu dürfen!

 

Aus den schönen Oliven…

…entsteht unser feines Öl!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bildergalerie

Die schönsten Momente in Bildern:

9 Kommentare

  1. Mämeler meint: 21. Dezember 2018
  2. Geraldine meint: 16. Dezember 2018
  3. Hanspeter Bock meint: 16. Dezember 2018
  4. Andreas meint: 15. Dezember 2018

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