Die Sommermonate bringen es mit sich, dass so aufwändige und zugleich nebensächliche Dinge wie das Schreiben eines Chronik-Eintrags öfters mal in den Hintergrund treten müssen. Denn obschon die Tage lang sind, ist die Zeit meistens knapp. Während sich in der kühleren Zeit der Platz vor der Tastatur im warmen Haus reger Beliebtheit erfreut, befinden wir uns im Sommer bevorzugt draussen. Wir ergeben uns der Routine der heissen Wochen, die vor allen Dingen aus dem Wechselspiel von Bewässerung und Siesta besteht. Nun aber schleicht wieder kühle Herbstluft um unsere Füsse, die sich zum ersten Mal seit Monaten in wohlig warme Socken und Fellpantoffeln kuscheln dürfen. Die Zeit ist also reif, die Geschehnisse des Sommerhalbjahres aufzuarbeiten. In allen Belangen dominierte ein Faktor: Das Wetter.

In der modernen Gesellschaft gilt es als recht banal und einfallslos, das Wetter zum Thema eines lockeren Gesprächs zu machen. Dennoch ist es keineswegs oberflächlich, wenn unsere Nachbarin bei jeder Begegnung zuerst nach unserem Wohlbefinden und dann gleich nach dem Wetterbericht fragt. Denn im Garten und in der Landwirtschaft spielt es eine existenzielle Rolle, ob nun Regen fällt, wie heiss es wird oder ob Frost zu erwarten ist. Auch ist es unvermeidbar, diesen Rückblick auf die vergangenen Monate mit einem Abschnitt über die meteorologischen Vorgänge zu beginnen, schliesslich haben diese unsere Gartensaison entscheidend geprägt. Leserinnen und Leser, die sich für eine weitere Erörterung des Themas des letzten Artikels Die Wüste brennt nicht – ein Trauerspiel in zwei Akten interessieren, werden am Ende des selbigen mit einer kurzen Ergänzung über die Vorgänge des vergangenen Halbjahres bedient.

 

Endlose Frühlingsgefühle

Das Sommerhalbjahr auf der Quinta das Figueiras hatte sich in diesem Jahr so untypisch gestaltet wie nie zuvor in den fünf Jahren, die wir bereits hier leben. Als der Autor im März den erwähnten letzten Artikel verfasste, hatte eben erst der langersehnte Regen eingesetzt. Bis dahin waren im Herbst und Winter noch kaum Niederschläge gefallen und die Wasserreservoire klafften als tiefe Löcher in der trockenen Erde. Bereits hatten wir uns auf das Schlimmste gefasst gemacht. Doch das dann endlich einsetzende feuchte und milde Wetter sollte noch Monate andauern. Damals wandelte sich Manuel zum Hobby-Meteorologen, der jeden Tag akribisch die Regenmenge und später auch noch Höchst- bzw. Tiefsttemperaturen in seinen Kalender notiert hat. Als er nun beim Verfassen des vorliegenden Artikels diese Daten konsultiert, stellt er fest, dass es von Anfang März bis Ende Juni lediglich in dreien von achtzehn Kalenderwochen nicht geregnet hatte.

Nicht nur, dass in diesen Wochen die gesamte Jahresniederschlagsmenge niedergegangen war, es war auch ungewöhnlich kalt. Während wir uns hier in den niederen Lagen dem Frühling entgegenschlotterten, fiel in der nahen Serra da Estrela der Schnee des Jahrhunderts. Besucher aus alpinen Gebieten der Schweiz lächeln immer süffisant, wenn wir sie im Sommer auf einen Ausflug auf den Torre (den mit 1993m höchsten Punkt des portugiesischen Festlands) entführen, angesichts des skurril erscheinenden Skilifts ganz oben. Anfang April aber waren die Schneewände so hoch, dass sich die Liftbetreiber in den Skigebieten unserer alten Heimat vor Neid gekrümmt hätten beim Anblick dieser Bilder. Erst der Mai vermochte es, Frühlingsgefühle in uns zu erwecken. Der Wonnemonat verwöhnte uns mit zwei vollen Wochen Sonnenschein und Wärme. Erst die zweite Hälfte brachte wieder Regenwetter, das bis Ende Juni immer wieder auf einen Sprung vorbei kam.

Und auch der Juli verstrich unter einem Zauber von angenehm mildem Wetter. Man wähnte sich schon in einem endlosen Frühling als dann Anfang August der Sommer ungestüm und hitzig seinen späten Auftritt hatte. Plötzlich herrschten während einer Woche durchgehend Temperaturen um die vierzig Grad – ein Schock und schwerer Stressfaktor für Menschen, Tiere und Pflanzen, zumal es auch in der Nacht kaum unter dreissig Grad abkühlte. Es blieb nun bis Anfang Oktober so glühend heiss und trocken, wie man es sich vom portugiesischen Sommer gewohnt ist. Zum Ende der heissen Jahreszeit war also wieder etwas Normalität eingekehrt. Das bedeutet, wir genossen den vielen Sonnenschein und die Flucht vor der Hitze in den Nachmittagsstunden, während wir innerlich hofften und beteten, der Herbst möge endlich wieder durch unsere Lande ziehen.

 

Früchte der Geduld

Die Sommersaison im Garten gestaltete sich durch das ungewöhnliche Wetter natürlich auch sehr eigentümlich. Mit der Aussaat waren wir spät dran, denn Tomaten, Peperoni, Auberginen und Konsorten wollten im ersten Anlauf nicht keimen. Wir haben kein Gewächshaus aber in den Vorjahren hat es dank improvisierten Frühbeeten und viel Sonnenschein dennoch immer irgendwie geklappt mit der Anzucht. Doch heuer mussten wir uns sogar gegen Anflüge von Neid erwehren, wenn wir im Internet sahen, dass unsere mitteleuropäischen Gartenfreunde bereits weiter waren mit ihren Setzlingen als wir hier im angeblich so warmen und sonnenverwöhnten Portugal! Aprikosen und Pflaumen wurden in der Blüte verregnet oder gar nicht bestäubt, da es vielen Insekten oft zu kühl war. Die Steinobsternte fiel also entsprechend dürftig aus (bis auf die robusten Mandeln). Birnen- und Apfelbäume trugen verhältnismässig viele Früchte, wobei letztere leider dem Apfelwickler zum Opfer fielen.

Nun denn, wir feierten trotzdem weiterhin jeden Tropfen Regen im Wissen, dass dies auf längere Sicht das Beste für die Natur sein würde. Und siehe da: Die von der Bürde der Fruchtbarkeit enthobenen Bäume dankten ihre Freiheit mit stärkerem Wachstum und im Gemüsegarten entwickelten sich Zucchetti, Kürbisse, Peperoni, Gurken oder Auberginen doch noch prächtig. Auch jetzt noch dürfen wir von diesen Früchten der Geduld essen und uns an ihrem Anblick erfreuen. Ein Wermutstropfen sind einzig die Tomaten – nach der ersten Erntewelle im Juli litten die Pflanzen sehr unter den Auswirkungen der plötzlichen extremen Hitzewelle von Anfang August: Ein explosionsartiger Befall mit roten Spinnmilben konnte bis zuletzt nicht wieder korrigiert werden. Auf der anderen Seite herausragend und in diesem Masse auch erstmalig waren die Ernte von hunderten leckeren Passionsfrüchten und die regelrechte Schwemme von Wassermelonen.

Das ungewöhnliche Sommerhalbjahr war also Segen und Regen zugleich. Ausfälle auf der einen Seite wurden mit überdurchschnittlichen Erträgen auf der anderen Seite kompensiert, genau so, wie es in der Natur immer wieder vorkommt. Deshalb ist Vielfalt so wichtig! Sinnbildlich dafür ist auch der Blütenreichtum, der nebst dem Wetter immer wieder für Abwechslung rund um unseren Hof gesorgt hat. Speziell unsere bescheidene Sammlung von Kakteen und Sukkulenten beeindruckte durch eine sich stetig vermehrende, grell leuchtende, wunderbar duftende und langanhaltende Blühfreudigkeit. Auch Sonnenblumen erhellten unser Gemüt in nie dagewesener Grösse und Zahl, was besonders die Distelfinken vor Dankbarkeit frohlocken liess.

 

Aussichten

Der Verfasser dieser Schrift könnte noch seitenweise Lobpreisungen über die Freuden des Gartens schreiben, doch demütig muss er anerkennen, dass auch Bilder über eine Sprache verfügen, die jener der grossen literarischen Werke ebenbürtig ist. Aus diesem Grund haben wir für Sie eine Sammlung unserer schönsten Schnappschüsse der letzten sechs Monate zusammengestellt und separat in Album mit den herrlichsten Kakteenbildern gestaltet. Bevor wir Sie aber ins virtuelle Durchblättern der Fotogalerien entlassen, möchten wir noch einen kleinen Ausblick wagen:

Wie eingangs beschrieben, hat sich der Herbst mittlerweile auf der Quinta das Figueiras niedergelassen. Die neue Jahreszeit bringt nun andere Aufgaben und Herausforderungen mit sich, welche wir mit offenen Armen empfangen wollen. Endlich werden wir wieder Bäume pflanzen, Beete pflegen und mit Wintergemüse bepflanzen, Reben schneiden, Holz hacken und natürlich bald schon Oliven ernten. Auch den Chroniken der Quinta soll wieder vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Nebst den Geschichten, die sich zuerst noch ereignen mögen, gibt es auch etwas sehr spannendes zu erzählen, was sich bereits im Sommer zugetragen hat: Es wird dabei um unseren ersten eigenen Wein gehen, der dann um Weihnachten endlich gekostet werden darf. Der Chronist verspricht, spätestens dann darüber zu schreiben, sollte er – vor Freude und Stolz, wohlgemerkt! – nicht zu trunken sein.

 

April

 

Mai

 

Juni

 

Juli

 

August

 

September und Oktober

 

Kakteen und Sukkulenten

4 Kommentare

  1. Peter meint: 28. November 2018
  2. Mämeler meint: 1. November 2018
  3. Monika Tausch meint: 28. Oktober 2018

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