„Wofür um alles in der Welt braucht ihr in Portugal einen strombetriebenen Dörrapparat?“ – In der Tat eine Frage, die nicht jeglicher Berechtigung entbehrt. Schliesslich gehören in unseren Gefilden längere Dürreperioden und grosse Hitze zur Standardausführung der Sommermonate. Auch die gegenwärtige Version des Winters bedient uns nur spärlich mit Regen; hingegen wird mit Kälte nicht gegeizt, weshalb der Autor des vorliegenden Textes etwas holprig und mit klammen Fingern über die Tastatur schlittert, während seine Gedankengänge immer wieder unterbrochen werden müssen um neues Holz in den Ofen zu schieben. Bevor wir also zu den Berichten über das scheinbar unnötige Gerät zurück kehren, bedienen wir die geneigte Leserschaft mit der hoffentlich nur inhaltlich und nicht stilistisch trockenen Materie bezüglich der aktuellen Wetterlage.

Klagen über das Wetter sind vermutlich so alt wie die Menschheit selbst, und noch niemals ist es in der Geschichte dieser Welt passiert, dass Petrus auf etwaige Beschwerden reagiert hätte – zumal es ja bestimmt bereits vor seiner Zeit und ausserhalb der Christlichen Gemeinschaft ebenfalls üblich war und ist, sich über das Wetter aufzuregen. Frio demais e seca demais, so beklagen wir uns in unserer Landessprache aber momentan würde es wohl aus diversen Ecken Europas ähnlich tönen: Zu kalt und zu trocken, too cold and too dry, trop froid et trop sec, te koud en te droog, troppo freddo e troppo secca und so weiter. Also nichts Besonderes und somit auch nicht wirklich von Interesse, denn der Sinn dieser Chroniken besteht ja darin, über uns und unser Leben hier zu berichten, weshalb wir uns lieber nicht weiter mit sinnlosen Beschwerden beschäftigen wollen, sondern von den Auswirkungen der Lage auf unseren Alltag berichten möchten.

Wir beginnen mit den positiven Aspekten, also buchstäblich der Sonnenseite, und die trägt es in sich, dass wir sehr viel Zeit im Freien geniessen dürfen. Dies führte neben allgemeinem Wohlbefinden dazu, dass wir mit gewissen Aufgaben recht gut vorangekommen sind: besonders erwähnt werden wollen das Setzen von Pflanzen, diverse bauliche Massnahmen und grössere Eingriffe bei den verwilderten Exemplaren von Olivenbäumen. Letzteres ergibt gleichzeitig einen grossen Teil des Brennholzvorrates für den nächsten Winter, an welchen wir aber lieber noch gar nicht denken mögen, ehe die jetzige Kältewelle überstanden ist. Zu bejammern gibt es, dass auf sonnige Tage meist klare Nächte mit Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt folgen, was leider zu einigen Kälteschäden bei sensiblen Pflanzen geführt hat. Auch unser neuer See füllt sich ohne Regen nur langsam – aber dennoch kontinuierlich, da seit dem Spätherbst eine Quelle den See mit Wasser speist; vermutlich entstanden aus gesammelten Wermutstropfen, die unter den frohen Gemütern der zwei Landbesitzer kondensiert und in Fluss geraten sind.

Aber der Leserschaft wurde ein ganz anderes Thema schmackhaft gemacht; der Autor entschuldigt sich für seine Ausschweifungen aber er liebt es eben, über das Wetter zu plaudern. Wir legen es ihm gnädigerweise als gelungen Schritt der Integration in die portugiesische Gesprächskultur aus. Nun, wie gesagt, warum um alles in der Welt benötigen wir ein elektrisches Dörrgerät in einem Klima, welches jetzt schon zum wiederholten Male in aller Ausführlichkeit als trocken beschrieben wurde? Es waren die Feigen, diese kostbaren Schätze der Bäume, die unserem bescheidenen Hof ihren klangvollen Namen leihen, welche uns erste Hinweise geliefert hatten: Sämtliche Versuche einer Haltbarmachung durch Lufttrocknen waren kläglich gescheitert – in direkter Sonne verbrannten sich die Feigen praktisch und im Schatten nisteten sich Fliegen ein, die ihre Larven dort ablegten. Auch wenn wir keine Vegetarier sind, möchten wir auf diese Art keine tierischen Eiweisse zu uns nehmen. Es folgten Versuche mit Zucchetti, Tomaten, Kräutern etc. mit ebenso spärlichem bis nichtigem Erfolg; einzig die kleinen piri piri (eini Chilisorte) liessen sich trocknen, allerdings nicht ohne den Verlust ihrer auffällig intensiven Farben.

Es war an der Zeit, nach effektiveren Lösungen zu forschen. Eine englische Frau aus der Nachbarschaft besitzt schon seit längerem mehrere Dörrautomaten, und ihre Überzeugung für diese Geräte nimmt schon fast religiöse Ausmasse an. Also waren auch wir geneigt, die traditionellen und technologiefreien Methoden des Dörrens in die gedanklichen Museen der vergangenen Jahrhunderte zu verbannen und unseren Geist für den Fortschritt zu öffnen. Es folgten wochenlange Recherchen um Licht in den Dschungel der unzähligen Fabrikate und Hersteller zu bringen, schliesslich wollten wir das für uns optimale Modell zweifelsfrei erörtern können. Energieeffizient, langlebig und möglichst ohne Plastik sollte es sein; dazu auch genügend gross um beispielsweise eine Feigenschwemme oder nachbarschaftliche Geschenke in Form von kiloweise Tomaten bewältigen zu können. Das Objekt unserer Begierde wurde schliesslich in Italien aufgespürt. Gottlob war diese Distanz in digitaler Reisemanier schnell überwunden, denn alleine das Warten auf die Lieferung des Tauro Biosec DeLuxe B12 (nein, dafür bekommen wir kein Geld!) sprengte schon fast den Rahmen der Geduld.

Just nach Beendigung des obigen Absatzes verspürt der Autor ein leichtes Hungergefühl, und der Griff in die Dose mit den getrockneten Kaki ist schnell getan. Noch spürt er die nektarhafte Süsse der Früchte auf seiner Zunge und vermisst in keinster Weise den herben Abgang, den eine frische Kaki im Gaumen hinterlassen hätte. Er denkt an die Apfelringe und Birnenschnitze, ja gar an die getrockneten Melonen, die alle im Vorratsraum auf ihren Verzehr warten – und dies wohlgemerkt Monate nach ihrer Reifezeit. Doch wollen wir den Speichelfluss der Leserschaft noch weiter anregen, der Autor ist gerade erst in Fahrt gekommen: Hinter ihm auf dem Herd wartet eine köstliche Suppe, welche die frischen Schätze der Winterzeit mit dem konservierten Sommer in Form getrockneter Zucchini und Kürbisse vereint; er kreiert im Geiste das Bild gedörrter Tomaten, die in ihrer verführerischen Röte das Vorratsglas scheinbar zum Leuchten bringen und er entsinnt sich dem einzigartigen Duft des selbst gemachten Paprikapulvers (wir haben berichtet), welches sich im Gewürzregal auf seinen nächsten Einsatz freut. Es ist eine Sucht, dessen bekennen wir uns, und die Aufzählung liesse sich noch beliebig und unter anderem mit verschiedenen Teesorten (Kräuter, Hagebutten, Orangenschalen usw.) fortsetzen, doch sie gipfelt unbestreitbar in dem Hinweis, dass Trockenfrüchte in flüssige Schokolade getaucht eine Delikatesse bisher unbekannter Dimension darstellt.

Es ist viel gesagt, was zur Antwort der eingangs gestellten Frage beitragen dürfte. Anzuführen gilt es noch die Tatsache, dass es mit dem Dörrgerät auch gelingt, Pilze und andere Früchte des Herbstes und des Winters zu trocknen, was im Freien wegen der normalerweise häufigeren Niederschläge und der höheren Luftfeuchtigkeit kaum möglich wäre. Die Anschaffung des Apparates hat sich für uns jetzt schon mehr als gelohnt. Im Übrigen steht die lange herbei gesehnte Umstellung auf Solarstrom in Kürze bevor, was dann auch die letzten Reste schlechten Gewissens hinfort tilgen dürfte. Um unsere Überzeugung vollständig zu unterstreichen, bedienen wir uns zum Abschluss noch des Beispiels der Feigen, die ja den Anstoss zu diesem Thema geliefert hatten: Tiefblau über violett bis goldig braun erstrahlt die samtweiche Haut der getrockneten Früchte und im Innern lockt der Nektar in sichtbaren Tröpfchen, die purem Honig nicht unähnlich sind – so rein, das auch überzeugte (eingefleischte?) Veganer keine Gewissensbisse haben dürften, denn diese sparen wir uns auf für den Moment, wo wir die Zähne durch das weiche Fruchtfleisch gleiten lassen um die Königin der Trockenfrüchte so langsam und genussvoll wie möglich auf der Zunge zergehen zu lassen…

(unter diesen Worten schleicht sich der Autor davon und verschwindet wieder heimlich im Vorratsraum)

 

Impressionen unserer Dörr-Erlebnisse:

 

 

4 Kommentare

  1. Mämeler meint: 30. Januar 2017
  2. Lorenzo Calor meint: 24. Januar 2017
    • Heinz & Edith meint: 2. Februar 2017

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