Ein Morgen wie viele im Winter auf der Quinta das Figueiras: Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne durchbrechen die Abwärtsspirale der nächtlichen Temperaturen, die Taunässe oder der Frost verflüchtigen sich in der Luft und verwandeln sich fortschreitend in Nebel, der in mehr oder weniger dichten Schwaden gegen den blauen Himmel aufsteigt. Als bald trübt sich das Licht des Tages, dessen Beginn so klar und strahlend gewesen war. Doch nicht immer ist es das gleiche vorhersehbare Spiel der Natur; es ergibt sich hin und wieder, dass sich die Wolken an den Boden kauern, sich an die Kontur des Geländes schmiegen, und dabei sich in die tieferen Bereiche verkriechen als suchten sie Schutz vor einem unbekannten Feinde. Durch schicksalshafte Fügung ereignet es sich nun, dass die wogende Oberfläche des Nebel-Meeresspiegels quer durch unser bescheidenes Stück Land verläuft.

An der Schwelle des Nebels befinden wir uns nun und lassen uns vom Sonnenlicht umschmeicheln. Doch an diesem speziellen Ort und zu dieser besonderen Zeit spüren wir auch die Ungewissheit, die sich in den Wolkenfetzen verbirgt und sich in den schattenhaften Momenten des Daseins willkürlich offenbart. An der Schwelle in ein neues Leben befinden wir uns noch immer – zwar haben wir einen weiten Weg hinter uns gebracht und die Tür zu unseren Wünschen weit aufgestossen, Dennoch haben wir uns noch nicht aller Altlasten entledigt; Balast, der uns daran hindert, den letzten Schritt ins völlig Neue zu wagen. Im praktischen Sinne bedeutet dies, dass wir in den letzten Jahren sehr viel lernen durften, was uns in der Umsetzung aber nur zaghaft gelingt, so dass von einem Erfolg noch nicht die Rede sein kann.

 

An der Nebelgrenze

 

Eines dieser Teilprojekte, die an der Grenze des Gelinges stehen, ist die Bepflanzung unserer Quinta. Zum einen wäre da der Wunsch nach einem vielseitigen Nahrungsangebot mit Obstbäumen und dergleichen (denn ausser mit Feigen und Oliven können wir in keiner Hinsicht unseren Eigenbedarf vollständig abdecken) und Pflanzen, die sich zwar nicht zur Ernährung eignen aber dennoch einen direkten Nutzen mit sich bringen (beispielsweise Blütenfülle für Insekten). Zum andern der Traum von einer Art botanischen Garten, der auch Gewächse nur wegen ihrer Besonderheit und Schönheit – wir nennen diese die „Katzen der Pflanzenwelt“  – umfassen soll. Mit zuviel Enthusiasmus und der Ungeduld der modernen Zivilisation machten wir uns daran, hunderten von Pflanzen ein neues Zuhause bei uns zu verschaffen. Das „gota-a-gota“ (Tröpfchenbewässerung) verlegten wir zwar mit unerwartetem Geschick aber zu unserem Entsetzen wurde die Förderkapazität unseres Grundwasser-Bohrlochs überstrapaziert, was dann in der sommerlichen Trockenheit bei vielen dieser Lebewesen zu schweren Schäden und bei einigen gar zum  Tode durch Wassermangel geführt hatte. Ein sehr trauriges Kapitel und emotional ein grosser Rückschlag.

Aufgrund dieser Erfahrung sahen wir uns gezwungen, den wesentlichen Bestand der Pflanzen nur noch dann zu erweitern, wenn einige Gewächse „vom Tropf gelassen“ werden können, da sie etabliert genug sind, sich selbst mit Wasser zu versorgen. Aber auch den vielen Regen, der in den Wintermonaten fällt, müssen wir besser speichern können. Als ersten Schritt haben wir in diesem Sommer einen neuen Tank gebaut, der uns immerhin ungefähr zwölftausend Liter des kühlen Nass‘ in die Trockenperiode retten wird. Ideen für weitere Massnahmen kursieren bereits in unseren Köpfen, wie beispielsweise das Anlegen eines kleinen „Barragem“  (Speichersee). Am wichtigsten aber ist, dass wir einen sehr viel bewussteren Umgang mit dieser wertvollen Ressource lernen durften. Mit Mässigung und Kreativität ist es uns gelungen, den Wasserverbrauch im Haushalt nahezu optimal zu gestalten. In diesem Bereich, wie auch im Leben allgemein müssen wir uns immer wieder fragen, was es braucht, um die nächste Tür zu durchschreiten. Oft sind es wir, die aus eigener Kraft eine Schwelle überschreiten müssen.

 

Wasserspiele

 

An der Schwelle zu einem neuen Jahr lässt man sich leicht dazu verleiten, sich gute Vorsätze für die Zukunft zu nehmen, die dann aber nur gut gemeint und einem gesellschaftlichen Zwang entsprungen sind. Dann wird ihr Glanz eben so rasch verblassen wie die Freude an den Weihnachtsgeschenken, die man aus dem gleichen Grund gegeben und angenommen hatte. Reflexionen sind an kein Datum gekettet und der Antrieb zur Veränderung entspringt keinem Zwang, sondern dem ehrlichen Wunsch, die Existenz von sich selbst und allem anderen zu verbessern. Das neue Jahr und alle weiteren werden froh, wenn wir uns jeden Morgen aufs neue fragen: Was werde ich heute verändern?

Wir wünschen euch einen guten Rutsch! 🙂

6 Kommentare

  1. Cristina Kuster meint: 4. Januar 2016
  2. Sara meint: 31. Dezember 2015
  3. Fabo meint: 31. Dezember 2015
    • Papa und Edith Au/SG meint: 31. Dezember 2015
  4. Rosy Zeiter meint: 30. Dezember 2015

Trackbacks and pingbacks

No trackback or pingback available for this article

Eine Antwort hinterlassen