Rosen – sind sie doch edle Gewächse und faszinieren uns mit ihrer Schönheit und Gefährlichkeit gleichermassen! Wer sie mit wachen Augen und weit geöffneten Sinnen betrachtet – ja, buchstäblich in sich aufsaugt – erahnt einen Glanz von Adel und Aristokratie, von künstlerischer Brillanz aber auch von Macht und politischer Gewandtheit, wenn nicht gar Grausamkeit. Wenn dann noch klangvolle Namen den interessierten Betrachter zu fantasievollen Gedankenreisen beflügeln, können Szenerien entworfen werden, die Raum und Zeit so unverschämt durcheinander würfeln, wie es die Natur mit Farben und Formen schon seit jeher macht.

 

Träume, die des Tages erblühen

Benjamin Britten

Da die Königin des Gartens gnädig gestimmt ist, lässt sie uns an ihren Reizen im hellen Licht des Tages teilhaben. Um aber ein Bild zu kreieren, welches in der Dunkelheit umso besser gedeiht, müssen wir uns erlauben, die Augen einen Moment zu verschliessen und eine Nase voll herrlichen Rosenduftes mit auf dem Weg zu nehmen. Es mag sein, dass diese Parfüms mehr als eine aphrodisierende Wirkung in sich tragen, denn bald schon dringen sanfte Klänge aus längst vergangenen Zeiten an unser Ohr: Ein Piano begleitet in einer traumgleichen Komposition von Benjamin Britten das klagende Cello der einzigartigen Jacqueline du Pré.

Lady Emma Hamilton

Mögliche Einwände bezüglich der Wirklichkeitskonformität dieser Szenerie werden kategorisch abgelehnt; schliesslich entscheidet König Louis XIV alleine darüber, was sein darf und was nicht. Er geniesst die Vorführung im Beisein eines anderen Staatsmannes, der bereits vor seiner Zeit ebenfalls in Frankreich gewirkt hatte: Cardinal de Richelieu, welcher heute nicht über Politik diskutieren will, sondern einfach nur gebannt der zauberhaften Musik lauscht. Gänzlich den Künsten verfallen ist auch Lady Emma Hamilton, die mit ihren optischen Reizen nicht geizt, während sie dem Schriftsteller Leopold Ritter von Sacher-Masoch mittels verführerischer Blicke das stille Versprechen abgibt, mit ihm ihre dritte parallellaufende Liaison einzugehen.

 Nicht weit entfernt, im lichten Schatten einer feingliedrigen Esche, sitzt kein geringerer als William Shakespeare, bis eben stiller und aufmerksamer Betrachter der Szenerie. Er beugt sich tief über seine Notizen, die Feder kratzt einen ungeduldigen Buchstaben nach dem andern auf das störrige Pergament und versucht hastig, den Anschluss an die wirbelnden Gedanken nicht zu verlieren. Ein vorüberschweifender Blick erhascht noch knapp die finalen Zeilen seines Sonetts, die lauten:

Jacqueline du Pré

 „…Aus ihrem süßen Tod strömt süßer Hauch.
So, schöner Liebling, wenn die Jugend flieht,
Strömt deiner Treue Duft aus meinem Lied.“

Die Poesie erinnert uns wie ein plötzlich heranbrechender Tag daran, dass wir uns im Garten befinden und nur in unserem Geiste haben die Personen sehen, hören und spüren können, die den prächtigen, noblen Blumen ihre Namen liehen. Was bleibt, ist das Bild der vielfältigsten Rosenzüchtungen, die unser Paradies schmücken und parfümieren, denn „Schön ist die Rose, schöner scheint sie noch durch jenen süßen Duft, der in ihr lebt.“ – William Shakespeare

 

Nobel in Gestalt und Wesen

Cardinal de Richelieu

Kein Wunder, dass wir dieser wahrhaft vornehmen Blume mit Leib und Seele verfallen sind – lässt sie uns doch mit ihren Farben, ihren Düften, ihren Formen und ihrem Wesen so inspirierende Hochgefühle erleben! Die Namen, die in obiger Sequenz als Protagonisten erscheinen, sind tatsächlich alles Rosenzüchtungen, die wir in unserem Garten beheimaten dürfen. Dazu kommen noch viele weitere Sorten, die nicht personenbezogene aber mindestens ebenso klangvolle Titel tragen wie Parfum de l’Hay, Rotes Phaenomen oder Jude the Obscure. Mittlerweile machen wir uns gar einen Spass daraus, Rosen aus Stecklingen, deren Herkunft und Name uns unbekannt sind, eigene Bezeichnungen zu verleihen: Rosa Prazeres, Maravilha do Castelo Branco und Amor da Figueira gibt es bei keinem Züchter zu kaufen!

Jude the Obscure

Fasziniert haben uns die dornigen Schönheiten schon immer, doch aus Platzmangel war es jeweils bei ein paar wenigen Exemplaren geblieben. Mässig enthusiastisch waren wir auch vor unserem Umzug nach Portugal, da wir fürchteten, für Rosen sei es hier zu heiss. Das ist glücklicherweise nicht der Fall; womöglich sogar das Gegenteil: Vielleicht machen die Temperaturextreme die sonst eher etwas heiklen Pflanzen resistenter gegen Schädlinge. Klar, wir haben auch mit Rost, Läusen oder Fressschäden zu kämpfen aber im Allgemeinen gedeihen die Rosen bei uns äusserst gut. Zudem sind die Gewächse dank ihren tiefreichenden Pfahlwurzeln virtuos in ihrer Fähigkeit, die sommerlichen Dürreperioden mit vergleichsweise wenig Wassergaben zu überstehen.

Rosa gallica officinalis

Zusätzlich zu ihrem ästhetischen Reiz ist es also auch ihr charakterstarker Geist, der uns Rosen so lieben lässt. Mit dem Luxus, vorerst über keinen Platzmangel mehr klagen zu müssen, haben wir uns mittlerweile eine ansehnliche Sammlung zugelegt, die immer dann wieder etwas Zuwachs erhält, wenn es die Bewässerungssituation und der Geldbeutel erlauben. Beeindruckend sind aber nicht nur die Edelrosen, sondern auch die Wildformen, die hier auf der Quinta das Figueiras von Natur aus wachsen und zwar so mächtig, dass einige Gebüsche schon wie riesige, krakenschwingende Dornen-Ungeheuer zur Vorsicht mahnen. Just in diesen Mai-Tagen blüht die Apotheker-Rose (Rosa gallica officinalis) in einer Reichhaltigkeit, wie es keine Edelrose vermag. Ihre Heilwirkung ist denn auch intensiver und wir verwenden ihre Blüten gerne in Teemischungen zur Stärkung des Immunsystems.

Im Fahrwasser ihrer grossartigen Geschichte segelt die Rose durch den Ozean der Herzen und ist als unbestrittenes Symbol der Liebe nicht aus der Welt der Künste wegzudenken. Grosse literarische Werke, berühmte Gemälde oder zeitlose Musikkompositionen adeln ihr Vermächtnis. Wie heisst es in diesem Zusammenhang so treffend? „Noblesse oblige“ – Adel verpflichtet. Und es ist die Summe ihrer noblen Eigenschaften – ihre besondere Schönheit und ihr wehrhaftes Wesen; ihr Grossmut und ihre Bescheidenheit – welche die Rose zur wahrhaftigen Königin des Gartens küren.

 

Ein Vorschlag für Geniesser: lassen Sie sich von der wunderbaren Musik in dem Video ganz unten verzaubern, während Sie sich unsere Bildergalerie mit den schönsten Rosenfotos zu Gemüte führen…

 

 

 

2 Kommentare

  1. Mämeler meint: 7. Mai 2017
  2. Reinwald Heinz & Edith meint: 7. Mai 2017

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